Die Heilerin von Alexandria by Köster-Lösche Kari

Die Heilerin von Alexandria by Köster-Lösche Kari

Autor:Köster-Lösche, Kari [Köster-Lösche, Kari]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2012-02-09T05:00:00+00:00


»Woher wußtest du, wie du Setom zum Essen bringen konntest, Leptinos?« Insgeheim ärgerte Thalia sich, daß sie die Hilfe von Leptinos gebraucht hatte. Setoms Krankheit hatte sie herausgefunden, nicht aber den Weg zu seiner Seele.

Leptinos sah sie von oben herab an. Auch in ihm wühlte irgendein Ärger, trotz seiner lobenden Worte in Gegenwart von Heje. »Finde den sehnlichsten Wunsch des Kranken heraus und ködere ihn damit. Bei einem Ägypter gibt es immer nur diesen.«

»So einfach ist das? Das nenne ich Höflichkeit. Jedenfalls ist es nicht viel mehr.« Thalia lachte erleichtert.

»Du irrst dich. Was nützt dir Höflichkeit, wenn deine anders ist als seine? Vielleicht schlägt der andere dich tot, weil du auf deine Art höflich bist.«

Sie schüttelte den Kopf. Es hatte jetzt keinen Zweck, mit ihm zu reden. Er war eifersüchtig auf ihren Erfolg. Aber an diesem Morgen konnte nichts sie beirren. Am liebsten wäre sie durch einen Kanal getanzt. Verstohlen und neugierig tastete sie an dem kleinen Geheimnis herum; es fühlte sich an wie Papyrus. Ein Schreiben, das nur für sie bestimmt war. Hatte sie etwa einen Verehrer? Nun, sie wollte ihn nicht. Sie wollte Leptinos.

»Leptinos, können wir nicht das iatreion ein paar Tage schließen und nach Ägypten fahren? Ich würde so gerne die Pyramiden und die Statue von Amenophis sehen. Bitte.«

»Ich fahre nicht nach Ägypten. Ich bin Alexandriner«, antwortete Leptinos steif.

»Römer zweiter Klasse, ich weiß.« Thalia seufzte verstohlen. Leptinos’ Augen schossen wütende Blitze, und sie fand es ungerecht, daß er sich über sie ärgerte, statt über Rom. Um ihn zu versöhnen, hängte sie sich trotz des dichten Verkehrs bei ihm ein und streichelte seine Hand.

Er schob sie fort. »Thalia, nicht hier auf der Straße. Was sollen die Patienten von mir denken. Schließlich bist du meine Sklavin.«

Sie nickte eifrig. In der Tat waren sie ein auffälliges Paar, er groß und schön wie ein Gott – und sie blond und nicht unansehnlich, außer, wenn man ihr direkt ins Gesicht sah. »Ja, das ist die andere Sache, über die ich mit dir sprechen wollte.«

Aber Leptinos deutete nach vorne, wo in diesem Augenblick laute Rufe in ägyptischer Sprache ertönten: »Platz da!«

Ein bewaffneter Reiter auf einem weißen Pferd tauchte in Thalias Blickfeld auf, dessen Kopftuch von einem Reifen gehalten wurde. Ein Wüstenbewohner. Gelegentlich kamen sie mit ihren Herden von Kleinvieh in die Stadt, um sie auf dem Viehmarkt zu verkaufen. Dieser hier führte keine Ziegen und Schafe, sondern Menschen.

Thalia schnappte nach Luft vor Entsetzen, als sie die abgemagerten Schwarzen sah, die an einer unendlich langen Fußkette aneinandergefesselt waren. An der Spitze die Männer, dahinter Frauen, manche mit Kleinkindern, die an den schlaffen Brüsten nuckelten. Und dieser gewaltige Zug, vielleicht eine ganze Dorfschaft, war gespenstisch leise; nur das Schleifen der Kette war zu hören und einzelne Lacher aus den Reihen der Zuschauer.

»Die Zeit der Karawanen aus Afrika hat begonnen«, erklärte Leptinos, und aus irgendeinem Grund hörte er sich sehr zufrieden an.

»Ich weiß«, murmelte Thalia und sah der schaukelnden Sänfte nach, die den Sklavenzug beschloß, umgeben von einem Haufen wild aussehender Reiter, die alle bis an die Zähne bewaffnet waren.



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